Kreativität: Masse statt Klasse

Im Moment laufen wir durch ein Land das durch Dienstleistungen bestimmt ist. In Deutschland werden circa 70% der Wertschöpfung im Dienstleistungssektor erzeugt. Und das wächst. Im Jahr 2022 wuchs der Umsatz nochmal um 13,9% im Vergleich zu 2021.
Das ist viel.

Ein großer Teil dieser Dienstleistungen sind auch Dinge, bei denen es darum geht, durch Denken Mehrwert zu schaffen. Ich spreche jetzt weniger von Friseuren, sondern eher von Projektmanagern. Diese schaffen einen Wert vor allem durch das Denken und Strukturieren. Das Überblick-behalten.

Aber was sind denn so die hauptsächlichen „Wettbewerbsvorteile“, die man haben kann, wenn man fürs Denken bezahlt wird?

Meiner Meinung nach sind es 2:

  1. Konzentrationsfähigkeit
  2. Kreativität

TL;DR:
Wer den Geist wettbewerbsfähig halten möchte, sollte die Kreativität fördern. Das geht vor allem mit vielen Ideen. Egal, ob sie schlecht oder gut sind. Masse statt Klasse scheint hier zu stimmen.

Konzentrationsfähigkeit beschreibt einerseits das Innerliche aber auch das Äußerliche. Wer in einer Hüpfburg sitzt, kann sich noch so sehr die Fähigkeit haben, sich zu konzentrieren: Zwischen Dutzenden springenden Kindern wird keine wertvolle Arbeit dabei herauskommen.

Aber darüber möchte ich gar nicht sprechen. Im Moment interessiert mich vor allem die Kreativität. Beziehungsweise, noch genauer – wie kann man Kreativität beeinflussen?
Wie kann man diesen Wettbewerbsvorteil stärken, fördern und nutzen?

Es gibt (wie hier beschrieben) 3 Faktoren für Kreativität:

  1. Qualität
  2. Quantität
  3. Originalität

Welchen dieser Faktoren kann man eher beeinflussen?

Meine Theorie

Ich habe schon länger die Vermutung, dass der einzige Faktor, den wir kurzfristig ändern können, die Quantität ist.
Wenn man jetzt die Quantität anhebt, also einfach viele Ideen hat, wird es zur Gewohnheit. Man hat bald das Offensichtliche abgearbeitet. Damit sind also die weniger originellen Ideen “verbraucht“ und es gibt Platz für originellere Ideen.
Außerdem ist die Beschäftigung mit einem Thema und das Entwickeln von Ideen auch immer mit Input verbunden: Je öfter man das macht, desto einfacher ist es an die „Spitze“ des aktuellen Ideenstandes zu kommen. Ein Wissenschaftler muss sich erst einmal viel mit einem Thema auseinandersetzen, um auf den aktuellen Stand der Forschung zu kommen. Erst dann können wirklich neue und damit hochqualitative Ideen entstehen.

Die Forschung darüber

Ich habe eine Studie gefunden, die die durchschnittliche Qualität von Ideen im Zusammenhang von der Anzahl der Ideen misst.
Das Ergebnis ist eindeutig: Mehr Ideen sorgen für höhere Qualität. Die Studie ist relativ klein und daher vermutlich nicht einfach so zu übernehmen. Deshalb hab ich weitergesucht.

In dieser Studie wird festgestellt, dass die Anzahl von „Hits“ (Publikationen mit großer Tragweite – also hoher Qualität) von der gesamten Anzahl an Publikationen abhängt. Eine klare Korrelation. Besonders nach 10 Jahren ist das sehr deutlich: Wer mehr veröffentlicht, hat eine größere Chance darauf, gute Ideen zu haben.
Und auch hier wird dasselbe festgestellt.

Also, was tun um die Kreativität zu fördern?

Wer kreativer sein möchte, sollte “auf Teufel komm raus“ viele Ideen haben. Auch Schlechte.

Viele Ideen > Gute Ideen

Die Überschrift stimmt natürlich nicht soooo ganz. Es benötigt Kontext.
Aber: Wenn das Ziel jetzt ist, die Kreativität und die Qualität der Ideen zu verbessern scheint es eine gute Strategie zu sein, einfach viele Ideen zu haben.
Dabei ist dieser Faktor auch noch sehr bequem anzupassen. Außerdem befreit es auch, wenn man sich erst einmal vom Anspruch verabschiedet, etwas „Perfektes“ zu veröffentlichen.

Die Metapher

Ich sehe Ideen mittlerweile weniger als echte Werke an. Es sind keine fertigen Bilder, die die Idee „perfekt“ beschreiben.
Jede einzelne Idee ist vielmehr ein Samen, den man pflanzen kann. Wirft man den Samen weg und gießt ihn nicht, wird nichts daraus.
Aber pflanzt man ihn ein und gießt ihn ein wenig, sprießt eventuell etwas.
Dann muss man warten, Geduld haben und beim Wachsen helfen.

Es gibt viele verschiedene Formen von Gärten (also Lebensmodelle, die auf Ideen aufbauen):

  • Es gibt einige, die extremes Glück mit einer einzigen Idee haben. Diese wächst schnell und stark. Daraus wird ein großer Baum, der genügend Früchte trägt, sie selbst und die Karriere zu ernähren. Es ist jetzt nicht mehr so nötig, viele Idee zu haben. Ohnehin wachsen im Schatten der dichten Baumkrone nicht viele neue Samen heran.
  • Die meisten Gärten sind aber bestimmt von Vielfalt. Viele ausgesäte Ideen sprießen und wachsen auf ein gesundes und stabiles Niveau heran. Aber keine erreicht eine Größe, die dafür sorgt, ein Leben alleine ernähren zu können. Hier steht ein Busch, dahinten ist ein ganzes Feld von vielen kleinen Ideen. Zusammengenommen ernähren sie eine Karriere.

Im echten Leben

Vermutlich ist es im echten Leben so, dass es ein paar wenige Ideen gibt, die zu starken Bäumen heranwachsen. Aber man sollte drumherum so viel neu pflanzen, wie es geht. Denn einerseits möchte man ja Beschäftigung haben und andererseits können auch die stärksten Bäume krank werden und absterben.
Stell dir vor, du wärst einzig und allein in der Idee von Segways (RIP) investiert. Tja. Doof gelaufen.
Aber ein paar neue Aussaaten würden dir helfen eine neue Idee zu finden, die sprießt und zu deinem Leben passt (E-Scooter vielleicht?).

Dein Geist ist ein Garten

Also, säe aus, soviel du kannst. Wenn ein Bruchteil jetzt Früchte trägt, teste, was dir schmeckt. Und die entsprechenden Ideen pflegst du dann groß.
Aber Schritt 1 ist die Menge.

Cheers.

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