Single- oder Multi-Purpose Werkzeuge?

Ich bin Minimalist. Jedenfalls glaube ich das. Bevor es auf Instagram gefeiert wurde und ich überhaupt wusste, was das ist, habe ich angefangen auszumisten und nur das zu behalten, was essentiell ist.

Dabei habe ich immer häufiger bemerkt, dass man weniger braucht als man denkt. Eine der größten Lektionen war beispielsweise, dass es (fast) immer noch weniger geht.

Zu der Herangehensweise, die dem Minimalismus zugrunde liegt, gehört auch die Gegenstände möglichst hochwertig zu wählen.
Hatte man vorher 12 Messer und jetzt nur noch 1 erfährt das natürlich sehr viel mehr Nutzung.
Und um Ressourcenverschwendung vorzubeugen, weil ständig etwas kaputt geht, sollte man eben zur höherwertigeren Alternative greifen.
Noch besser ist selbstverständlich komplette Müllvermeidung, indem man „Müll“ nutzt bzw. das, was andere nicht mehr brauchen (aka. Gebrauchtkauf).

Ich hatte dann aber ganz häufig folgendes Problem: Suche ich mir jetzt ein Werkzeug für speziell einen Zweck oder doch eher etwas, was viele Zwecke erfüllt?

TL;DR:
Gute Multi-Purpose Gegenstände sind mehr wert im (minimalistischen) Leben. Sie ermöglichen eine kreative Problemlösung, Ressourcenschonung und mehr Platz.

Disclaimer: Ich tue jetzt so, als gäbe es nur Extremata.
In der Realität gibt es sicherlich ein Spektrum auf dem man sich die optimale Lösung für die eigene Lebenssituation aussuchen sollte.

Single-Use

Der Vorteil bei einem Single-Use Werkzeug ist die Spezialisierung und damit einhergehend oft die Qualität. Letzteres lässt sich einerseits in objektive und subjektive aufteilen.
Die Spezialisierung bedeutet, dass man für einen bestimmten „Fall“ im Leben genau das richtige Werkzeug hat. Kein Pfusch, bzw. keine „passt ungefähr“-Lösung, sondern exakt das, was benötigt wird.
Statt einem Universalwerkzeug dann eben genau den 15er-Maulschlüssel.

Mit dem Beispiel wird auch klar, was ich mit Qualität meine:
Einerseits die Objektive:
Habe ich 50€ und möchte exakt eine Art von Schrauben lösen kann ich mir für 50€ den besten Maulschlüssel kaufen den es gibt. Vermutlich höhere Qualität als einen Universalschlüssel.
Außerdem haben so hochwertige Werkzeuge die Angewohnheit, ihren Job „einfach besser“ zu machen. Was die subjektive Qualität wäre.
Statt das Universale neu einzustellen und auch mal abzurutschen und die Schraube zu zerkratzen, passt das hochwertige Single-Use Werkzeug exakt zum Einsatzzweck und lässt einen vermutlich auch schneller arbeiten.

Soweit, so gut.
Welche Vorteile gibt’s denn für universale Werkzeuge?

Multi-Purpose

Die Generalisten unter den Werkzeugen haben vor allem einen Vorteil: Platzreduktion.

Als Beispiel: statt Gabel und Löffel im Kasten zu haben, könnte ich mir auch einen „Spork“ besorgen. Jetzt habe ich den Platzbedarf halbiert.
Es geht auch noch weiter: hat der Stiel eine scharfe Kante, benötige ich kein Messer mehr und ich benötige nur noch 33% des vorherigen Platzes.

Bestes Beispiel eines Generalisten, was alle von uns kennen, ist das Smartphone.
Früher gab es: Karten, Radios, Autoschlüssel, Briefkästen, Telefone, Spielkonsolen, Fitnesstrainer, etc.
Mittlerweile alles in einem Gerät.
Ich selbst tippe viele der Artikel hier auf dem Handy. Früher hätte ich eine Schreibmaschine oder Stifte und Papier benötigt.

Diese enorme Platzersparnis des Universalwerkzeugs geht aber meistens mit einer niedrigeren Qualität einher: eine „echte“ Kamera macht einfach bessere Fotos. Ein echtes Gespräch macht mehr Laune als Videokonferenzen.

Wieso ist das aber oft kein Problem?

Ich würde sagen, auch aus Beobachtung von mir selbst, dass das entscheidende Kriterium der Anspruch des Benutzenden ist.
Möchte ich „nur“ essen in meinen Mund bekommen, reicht der/die (??) Spork.
Soll es gut aussehen, weil die Schwiegereltern zu Besuch sind, vielleicht nicht so.
Reicht für die meisten kleineren Schnappschüsse das Smartphone, ist es vielleicht für den fetten Island-Trip die große und teuere Kamera.
Für die meisten Anwendungen reicht aber eine durchschnittliche Qualität – daher reicht auch das universale Werkzeug.

Was ich gemacht habe

Ich habe jetzt schon mindestens 10 Jahre so gelebt, ohne dass ich so verkopft darüber nachgedachte habe, wie jetzt.
Trotzdem fällt mir ein Muster auf: Meistens geht es um das Prinzip dahinter. Die reine Funktion. Das bedeutet auch, dass häufig Dinge „zweckentfremdet“ werden.

Soll etwas geschnitten werden? Ich habe 1 Messer, keine Schere, keine anderen Messer. Denn das eine Messer, das ich besitze ist besonders gut in diesem Job. Es ist sauscharf, sehr hochwertig und macht tierisch Laune. Werden damit gleichermaßen Gemüse, Papier, Fleisch, Pizza und auch Klebeband geschnitten? Aber sowas von!
Klassisches Beispiel eines Multi-Purpose Gegenstandes (aber irgendwie doch als Single-Use verkauft oder „ausgedacht“).

Genauso, wie eine Holzkiste für Wäsche bereitstehen kann, wenn man mal eine kleine Leiter braucht, oder einen Sitzplatz mehr benötigt.

Auch hier ist es wieder Multi-Purpose.

Allerdings schwingt bei allem irgendwie auch eine Zweckentfremdung mit.
Ich stelle mir eben die Frage: Was muss denn erreicht werden? Und wie kann ich es mit vorhandenen Dingen erreichen?

Dabei fällt mir mehr und mehr auf, dass Single-Use-Items aussortiert werden. Denn diese Dinge werden selten genutzt und haben damit immer den Beigeschmack von Überfluss.

Fazit

Ich denke, dass Single-Use Werkzeuge ihre Berechtigung haben, allerdings auch besonders bequem machen. Einerseits im wahrsten Worte, andererseits auch kreativ.
Wenn man Gemüse schneiden möchte und nur auf die Idee eines „Nicer Dicers“ kommt, hat man gerade eine kreative Niederlage in der Küche erlebt.
Wer aber dieselben Dinge kreativ zweckentfremdet, trainiert einfach einen kreativen Alltag.

Ich weiß, dass das sehr hochtrabend klingt, aber ich glaube daran. 🙂

Ich wette, es geht dir auch so, wenn du es einmal ausprobierst.

Cheers.

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