In hitzigen Diskussionen kommt es immer wieder vor, dass es starke und schwache Argumente gibt.
Allerdings gibt es auch sogenannte Scheinargumente, die derzeit online immer häufiger zu beobachten sind.
Dabei wirken sie erst einmal sehr intuitiv und nachvollziehbar, halten jedoch einer genaueren Prüfung nicht stand.
Hier sind einige dieser Scheinargumente:
1. Der Strohmann
Eines der meist verwendeten Scheinargumente.
Hier wird die Diskussion einfach mit jemand ganz Anderem geführt. Passiert ungefähr in diesem Schema:
A vertritt eine These X
B meint, dass die These X nur von Personen der Gruppe Y vertreten werden, kategorisiert A nun dort und argumentiert dann gegen die Argumente der Gruppe Y.
Beispiel:
A ist gegen ein Fahrverbot in Innenstädten. B ist der Meinung, dass A ein „Umweltgegner“ sei und argumentiert nun gegen „Umweltgegner“.
B zerlegt hier eine Meinung, die gar nicht in der Debatte vorhanden sein muss. Dass der Strohmann selbst nicht an der Debatte teilnimmt, macht es sehr leicht.
Wenn nun die Meinung des Strohmanns auch noch sehr extrem dargestellt wird oder aber mittels Analogien verzerrt wird, ist es für B sehr leicht, „Recht“ zu behalten.
Das Argument ist sehr einfach zu handhaben und wird oft von Prominenten und/oder Politikern verwandt.
Eine ungeschickte Äußerung wird generalisiert und dann zerlegt.
Der Gegenangriff
Sich stark von dem Strohmann differenzieren. Darauf hinweisen, dass die Argumente, die das Gegenüber zerlegt, gar nicht vorgebracht wurden.
2. Ad Hominem
Das Ad Hominem Argument ist ziemlich leicht durchschaubar.
Sieht ungefähr so aus:
A stellt eine These auf.
B sagt, dass A dumm/ein schlechter Mensch sei.
Schlussfolgerung: Die These von A ist abzulehnen.
Das Ad Hominem ist auch verwandt mit dem Whataboutism (aber das ist ein anderes Thema).
Nicht immer ist es so plump wie „Du bist faul, also hast du Unrecht“. Auch Äußerungen, die ein Subjekt einordnen bzw. abstempeln gehören zum Ad Hominem.
„Klar – als Dorfkind findest du, dass jeder Mensch einen Führerschein benötigt“
Hier wurde zB jemand als Dorfkind abgestempelt.
Letzten Endes ist das Ad Hominem immer dazu da, die These des Gegenübers abzuwerten. Das passiert durch das Abstempeln mit themenfremden Eigenschaften, welche das Publikum der Debatte beeinflussen sollen.
Der Gegenangriff
Das Ad Hominem kann durch die Benennung leicht entkräftet werden. Man sollte sich hier einfach auf die Sachlichkeit berufen und darauf hinweisen, dass der Themenbezug nicht gegeben ist.
Auf keinen Fall mitmachen und selbst mit einem Ad Hominem reagieren.
3. Die Beweislastumkehr
Die Beweislastumkehr folgt diesem Schema:
A behauptet These X
B meint, These sei falsch, kann sie jedoch nicht widerlegen
Daher ist These X richtig.
Der Gegenangriff
Wenn man in der Debatte dazu aufgefordert wird, das Gegenteil von einer These zu behaupten, muss man nicht darauf eingehen.
Guter Etikette in Diskussionen folgend, sollte eine These von der Seite belegt werden, die von der These bevorteilt wird. Eine These aufzustellen und dann so zu tun, als sei sie so lange wahr, bis sie widerlegt ist, funktioniert nicht.
Dies ist auch leicht nachzuvollziehen. Eine Nicht-Existenz kann nur sehr schwierig bewiesen werden. Ich könnte zum Beispiel behaupten, dass nachts eine Person in meinem Zimmer steht und dabei laut „O Sole Mio“ singt.
Die Beweislastumkehr ist schlicht nicht zu akzeptieren, weil sie die zielgerichtete Debatte erschwert.
4. Das Autoritätsargument
Hier wird einfach einer Autorität Glauben geschenkt bzw. diese wird als eigenes Argument genutzt
A ist ein einflussreicher Wissenschaftler
A behauptet These X
Daher muss These X stimmen
Dieses Argument wird oft genutzt, weil es Teil unseren Denkens ist. Hat jemand viele Innovationen in einem Gebiet vorgebracht, glaubt man, dass die vorgebrachte Idee mehr Wert besitzt, als die von Anderen.
Das stimmt aber nicht. Ein Beispiel aus der Statistik:
Eine „perfekte“ Münze zeigt zu 50% Kopf und zu 50% Zahl. Angenommen die Münze hat nun 4 mal hintereinander Zahl gezeigt. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie beim 5ten Wurf auch Zahl zeigt?
Jepp, 50%.
Denn das einzelne Ereignis ist unabhängig von den Vorangegangen. Dass jemand bisher viele gute Songs geschrieben hat, sagt nicht unbedingt etwas über den nächsten aus (kein perfektes Beispiel, denn jeder geschriebene Song hilft auch dabei, das Handwerk dahinter zu lernen).
Ganz einfach: Jeder Experte und jeder Idiot kann sich irren oder auch Recht haben.
Der Gegenangriff
Darauf hinweisen, dass auch Autoritäten sich irren können. Nach den Gründen fragen, die für die Aussage gesorgt haben und dabei diese wiederum einzeln und unabhängig prüfen.
Letzten Endes: Möglichst von Namen und Titeln abstrahieren und nur die Argumente prüfen.
5. Kein echter Schotte
Dieses Argument behilft sich (oft wandelnder) Definitionen.
Schema:
„XY tut so etwas nicht“
„Aber C ist ein XY und tut es“
„Dann ist C kein echter XY.“
Hier wird eine Definition eines Begriffes stetig angepasst, sodass es zur Agenda der einen Seite passt.
Der Gegenangriff
Möglichst zu Anfang der Debatte die Definitionen der beiden Seiten klären. So kann eine gemeinsame „Kampfarena“ etabliert bzw. gewisse Spielregeln geklärt werden.
Man kann auch einfach bestehende Definitionen am Anfang der Debatte nennen und diese für beide Seiten verpflichtend machen.